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Schalke 04 geht in Magdeburg unter, verliert 0:3 und bemüht sich um Ruhe, während Umstände und Umfeld nach Veränderungen schreien.

Die Story des Spiels

Will man die Geschichte des Spiels fair erzählen gehört dazu, dass die Vorentscheidung durch einen äußerst fragwürdigen Elfmeter fiel, dass Schalke in der zweiten Hälfte einen Strafstoß nach Handspiel hätte zugesprochen bekommen müssen, und dass man nach der Pause, in der Trainer Geraerts die Grundformation änderte und gleich vier Spieler austauschte, ein ordentliches Spiel auf den Platz beachte. Eine Bewertung, die freilich auch von dem Kontrast zur Darbietung der ersten Hälfte gefärbt ist, und bei der man noch einbeziehen muss, dass der Gegner nach der Pause gelassener als anfangs vorging, mit einem entspannenden 3-Tore-Vorsprung im Rücken.

23. Spieltag: 1. FC Magdeburg – S04 3:0

Im Gedächtnis bleibt von diesem Spiel aber der Schalker Auftritt der erste Hälfte. Einmal mehr konnte das, was die Spieler in Schalke-Trikots darboten, nicht als Fußball erkannt werden. Einmal mehr wirkten sie nicht wie ein Team. Als würde jeder bei jedem Schritt daran zweifeln, ob dieser nun richtig sei und ihn dann lieber nicht tun. Sie halfen einander nicht. Sie wirkten planlos. Sie wirkten ängstlich. Sie ließen über sich ergehen, dass sie vorgeführt wurden, dass gegen sie ihr Gegner aussah wie Manchester City; obwohl es nur Magdeburg war, das zuvor in 22 Spielen zu 27 Punkten kam – nur einer mehr als dieses desolate Schalke 04.

Die Geschichte von den »Ups«

Zuvor hatte Trainer Karel Geraerts die gleiche Elf aus Feld geschickt wie im Heimspiel gegen Wiesbaden, weil sie »es gut gemacht« hätte. Nach dem Spiel verblüffte Marc Wilmots mit seiner Einschätzung zur Lage, dass man »nur 3 Punkte verloren« habe, und bemerkte, dass »das Up and Down« ihn stören würde. Auch Paul Seguin argumentierte nach dem Spiel vor dem Sky-Mikrofon in diese Richtung, es sei »ein ständiges Auf und Ab«. Mittlerweile muss man daran zweifeln, dass überhaupt noch einer der Protagonisten einen klaren Blick aufs Geschehen hat, wenn derart konsequent »Ups« beschrieben werden, die sich bei näherer Betrachtung als Punktgewinne bei ebenfalls schwachen Leistungen offenbaren.

Schalke hat weder gegen Wiesbaden, noch gegen Braunschweig guten Fußball gespielt. Beide Begegnungen waren ausgeglichen. In beiden Spielen hatte Schalke kämpferisch gegengehalten, trotzdem wirkte das Aufbauspiel auch in diesen Partien planlos, gab es auch in diesen Spielen Szenen, in denen sich Schalker Spieler einander nicht unterstützten.

»Es ist nicht immer nur der Lehrer schuld«

sagte Manuel Neuer zur Trennung von Trainer Thomas Tuchel beim FC Bayern. Es heißt, dort hätte im Training das Einzuübende gut funktioniert, die Mannschaft hätte es bloß zu selten im Spiel umsetzen können. So stellt es Marc Wilmots auch auf Schalke dar. Was Karel Geraerts in Pressekonferenzen sagt ist nachvollziehbar und wirkt souverän. Auf dem Platz ist davon allerdings nichts zu sehen. Coach Karel ist seit 4 Monaten in der Verantwortung, hatte ein Wintertrainingslager zur Verfügung und stand bei 14 Pflichtspielen an der Seitenlinie. Trotzdem macht es jede Woche den Eindruck, dass die Spieler das erste Mal gemeinsam auf dem Platz stehen.

Nun weiß man, dass Karel Geraerts bei Union Saint-Gilloise erfolgreichen Fußball aufs Feld bekommen hat. Wie man eben auch weiß, dass Thomas Reis vor Schalke mit dem VfL Bochum als Zweitligameister in die Bundesliga aufstieg und zuvor einen guten Job als Jugendtrainer in Wolfsburg machte. Trotzdem war die Geschichte des Septembers eine, nach der Thomas Reis Schuld an der misslichen Situation auf Schalke gewesen sei. Nach dem Baumgartl-Interview in St. Pauli schien es, als müsse der Kader unbedingt befreit werden, losgelassen von den Zwängen des Trainers, dass dann alles gut würde. Vier Monate später irrt das Team weiter über den Platz, fühlt sich unwohl in der einen- und ist zu schwach für die andere Formation, fordert sich gegenseitig erfolglos zur Bewegung auf und geht sich zwischendurch sogar an.

Nun sieht es so aus, als sollte eher der Kader statt der Trainer gewechselt werden. Ob Karel Geraerts das angeht, in welchem Umfang er sich nicht mitziehende Spieler auszusortieren traut, ob überhaupt was verändert wird oder Schalke weiter auf glückliche »Ups« hofft, um am Ende wohlmöglich doch wieder schalkig handelt und als letzte Patrone wieder einen anderen Trainer auf die Bank setzt … ma’kucken.

Bild: IMAGO

10 Comments

  • Niklas sagt:

    Coach Karel ist momentan die ärmste Sau. Dieser Kader kann es nicht besser! Da könnte selbst Guardiola an der Seitenlinie stehen, und es würde nicht besser werden. Diese Saison schafft es kein Trainer mehr aus dieser Individualistentruppe einen verschworenen Haufen zu machen.

  • joha sagt:

    Dieses Mal stimmt es, was man sonst immer danach gerne behauptet: Es war schon vor Anpfiff ziemlich klar, dass es mit dieser Aufstellung den Arsch voll gibt.

    Es gibt Spiele, mit denen Schalker Trainer selbst bei wohlwollenderen Fans auf einen Schlag massiv Kredit verspielen und man letztlich ahnt: Das wird bald vorbei sein. Bei Breitenreiter war es damals ein Heimspiel in Leverkusen, bei di Matteo – soweit ich mich erinnere – die Niederlage in Mainz nach mehreren Unentschieden, bei Kramer das Hosenscheisser-Derby oder spätestens das Desaster in Leverkusen.
    Und bei Geraerts war es das Spiel in Magdeburg.

    Insofern würde ich sagen: Klar, neuer Kader, gerne, aber macht Geraerts wirklich den Eindruck, dass er mit seinen Auf- und Einstellungen die Mannschaft bestmöglich vorbereitet in die Spur schickt? Sind es wirklich nur fehlendes Selbstvertrauen und Angst bei Ballbesitz? Was ist aus dem Offensivspiel geworden, wieso kriegt man die Spielzüge aus der Winter-Vorbereitung nicht mehr hin, hat nicht einmal den Eindruck, dass Spielzüge geübt wurden?

    Ich würde wirklich gerne sagen: Im Sommer mit ein paar Wechseln (und sofern wir die Klasse halten) wird es mit Geraerts besser. Aber wenn da nicht ein völliger Turnaround kommt, stehen wir eher vor einer David-Wagner-Entscheidung 20/21.
    Ich hoffe, wir kriegen die Saison irgendwie auf Platz 14/15 über die Bühne, hoffentlich ohne Eurofighter-Bank nach der Länderspielpause. Aber mit Geraerts in die neue Saison zu gehen, würde mir Bauchschmerzen machen, Kontinuität hin oder her. Und da reden wir noch nicht einmal vom Hauptproblem Marc Wilmots, das eigentlich bis zum Sommer ebenfalls korrigiert werden sollte.

    Sorry, dass ich so defätistisch bin, aber ich sehe im Moment selbst bei Klassenerhalt die Weichen Richtung Abgrund gestellt. Und irgendwann werden auch die Fans nicht mehr kommen, die Entfremdung hat ja schon begonnen.

  • Martina sagt:

    Lier Torsten,
    Du hast mal ziemlich zu Anfang der Saison, als die ersten Niederlagen unter Reis eingefahren wurden und wir alle entsetzt waren wegen der eklatanten Spielschwäche, einen für mich denkwürdigen Satz geschrieben: „Entweder schafft es Reis, aus der Truppe eine Mannschaft zu formen, oder Schalke steigt ab.“
    Bekanntlich ist es Reis nicht gelungen, und ob es Geraerts gelingt, darf bezweifelt werden, das hast du ganz gut beschrieben. Ich halte Geraerts für einen guten Trainer, das hat man am Anfang seiner Arbeit auch gesehen. Er hat Spieler besser gemacht (Schallenberg, Seguin, Tempelmann), und er hatte einen Plan. Ich hatte nur Angst, dass uns die Zeit davonläuft, bis die Ergebnisse seiner Arbeit sichtbar werden. Mittlerweile nehme ich bei ihm vorwiegend Ratlosigkeit wahr. Gegen Wiesbaden und Magdeburg quasi ohne Stürmer anzutreten sieht für mich so aus, als wenn er selbst nicht mehr an die Mannschaft glaubt und nur noch versucht, eine Klatsche zu verhindern (was gegen Magdeburg auch noch schiefging). Ein Offenbarungseid.
    In der Mannschaft stimmt es ganz gewaltig nicht, und das erinnert mich immer mehr an die erste Abstiegssaison und die Abwärtsspirale innerhalb der Mannschaft, die irgendwann nicht mehr aufzuhalten war. Meiner Meinung nach müsste dringend jemand aus dem Fachbereich Psychologie her. Nein, es geht nicht um Therapiegespräche mit den Spielern, sondern um eine systemische Aufarbeitung der negativen Gruppendynamik und eine Umkehrung dieses destruktiven Prozesses. Systemische Psychologinnen und Psychologen können das, aber nach der letzten PK habe ich wenig Hoffnung, dass Karel dafür offen ist. In dieser Männersportart ist die Inanspruchnahme psychologischer Fachkompetenz offenbar ähnlich beliebt wie es ein Ruf nach Kastration wäre. Sehr schade.

  • Ney sagt:

    Jemanden, dessen Arbeit ein derartiges Desaster hervorbringt, würde ich nicht gerade als „ärmste Sau“ bezeichnen. Der
    Mann steht in der Verantwortung.

    Feuern sollte man den Trainer allerdings nicht. Auch wenn es kaum möglich erscheint, aber dem Duo Hechelmann/Wilmots
    ist es ohne weiteres zuzutrauen, jemanden zu engagieren, der es noch schlechter macht.

  • aphodius sagt:

    Olli Hilbring hat es in seinem Spieltagscartoon auf den Punkt gebracht: Mir fehlen die Worte!

    Ob jetzt aber wirklich ein Trainerwechsel hilft? Da fehlt mir der Glaube.

    Anscheinend fehlt derzeit sehr viel… Was mich bedenklich stimmt: der Boulevard beginnt das trommeln. Auf Schalke immer das Einläuten der nächsten Jahreszeit: Abbruch. Das wird aber m. M. nach nichts besser machen.

  • Nordlicht sagt:

    In 14 Spielen die immer wiederkehrenden gleichen Stümper am Werk. Keine Konsequenzen für desaströse Leistungen. Die Aufstellung immer mal anders aber die Protagonisten werden jeweils nur ausgetauscht.
    Gibt es im gesamten Verein U19 und U23 wirklich keine Talente die es ebenfalls so schlecht könnten?
    Seit 15 Jahren fahre ich auch Auswärtsspiele. Aber so eine frustrierende Zeit habe ich noch nie erlebt. In der Kurve wird sich nicht mal mehr aufgeregt oder allenfalls nur noch sporadisch.
    Alles wirkt nur zusammengestümpert. Von Tillmann über Wilmots und unserem Trainer. Wir würden nicht ansatzweise schlechter dastehen, hätten wir nach dem Paulispiel den Baumgartl einfach rausgeschmissen. Hat davor und danach nichts geleistet. Aber wir feuern ja lieber den Trainer.

  • Christian sagt:

    Konnte am Samstag nach sehr langer Zeit mal wieder ein Spiel komplett sehen und nicht nur Ausschnitte. Das war so gruselig in der ersten Halbzeit. Das war Amateur gegen Profifußball. Kurzfristi müssen wir hoffen, in den Heimspielen genug Punkte zu holen, um drei Mannschaften hinter uns zu lassen. Rostock und Lautern haben den Trainerjoker auch schon verjuxt und wir müssen hoffen, dass sie nicht Fuß fassen. Braunschweig ist eine Mannschaft geworden. Wiesbaden ist schon eine. Die haben also ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt.
    Platz 15 in der zweiten Liga als kurzfristige Hoffnung, das ist traurig. Darüber hinaus kann es nur besser werden, wenn sportliche Kompetenz einzieht, die Strahlkraft genug hat, andere mitzureißen. Allein – wer will sich Schalke in diesem Zustand antun? Wilmots wirkt bislang eher wie die Fortsetzung der Katatrophe.
    Aber als Schalker kennt man sich mit Leiden und Hoffen aus.

  • Alex sagt:

    Respekt, Torsten, dass du es immer noch schaffst, die Situation sachlich zu analysieren.
    Obwohl man sich lieber vor Grausen abwenden möchte.
    Wieviele Punkte erwarten wir aus den nächsten Spielen?

  • Carlito1904 sagt:

    Mir wird Angst und Bange, wenn ich insbesondere an die nächsten 3 Spiele denke, aber auch den Rest der Saison und die drohende Katastrophe am Ende der Saison. Das Ganze wirkt inzwischen – und das jetzt schon spätestens seit dem 1. Abstieg der Neuzeit – wie ein Autounfall, wo man nicht hinschauen möchte, dem man sich aber auch nicht entziehen kann. Ich habe einfach nur noch Angst um unseren Verein.

  • Benne04 sagt:

    Ich finde die Spielanalyse zutreffend. Dass mit den „Ups“ ist auch aus meiner Sicht auch beschönigend, denn die Spiele gegen Braunschweig und insbesondere Wiesbaden waren schon arge Magerkost. ABER: Gleichzeitig kann ich es nachvollziehen, wenn Trainer und Sportdirektor jetzt die Situation positiver beschreiben als sie ist; rein psychologisch. Alles andere hatten wir doch schon: Supendierungen (Baumgartl & Ouwejan), Brandreden am TV-Mirko (Knäbel nach dem Paderborn-Spiel), „laute“ Halbzeitansprache des Trainers (in Karlsruhe). Ich kann mir nicht vorstellen, was es bringen soll, wenn sich Geraets und Wilmots jetzt hinstellen und öffentlich den Stab über die Mannschaft brechen. Druck und massive Kritik kommt jetzt ja eh von allen Seiten. Wenn die Mannschaft überhaupt nicht mehr an sich glaubt, ist eh alles verloren. Dann kann es auch Sinn machen, dass sich ein Wlimots vor die TV-Kamera stellt und sagt: Wir haben heute unterirdisch gespielt, aber nur drei Punkte verloren. Die anderen haben auch nicht gepunktet und die Situation ist nicht aussichtslos. Auf diese Art den Möglichkeitssinn am Leben zu halten, könnte durchaus vernünftig sein.

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