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Im ersten Spiel unter dem neuen Trainer Karel Geraerts verliert Schalke 04 beim Karlsruher SC 3:0. Namentlich und formell änderte Coach Karel das Team deutlich. Die Ausführung auf dem Platz unterschied sich aber kaum von den Darbietungen in den letzten Wochen.

Emotional war die Länderspielpause bislang das Highlight der Schalker Saison. Gleich zu Beginn wurde mit Karel Geraerts ein Trainer vorgestellt, der noch nirgendwo gescheitert ist, der von Spaß beim Fußballspiel sprach und einen rundum positiven Eindruck hinterließ. Zwei Wochen, in denen Fans ihre Hoffnungen ungebremst auf diesen neuen Mann projizieren konnten. Bis wieder der Fußball dazwischen kam.

10. Spieltag: Karlsruher SC – S04 3:0

Zwar stellte Karel Geraerts eine auf vielen Positionen veränderte Mannschaft auf, aber im Spiel war das Passspiel so schwach wie zuvor. Zwar wurde eine andere Formation auf dem Feld gebildet, trotzdem ließ man dem Gegner zu viel Platz zum spielen. Und wie das auftreten der Schalker auf dem Platz den Vorstellungen der letzten Wochen glich, ähnelte auch die Analyse des neuen Trainers der des vorherigen. Dass die Formation letztlich egal sei, wenn die Intensität in den Zweikämpfen fehle, sagte Coach Karel in der Pressekonferenz nach dem Spiel. Genau das sagten vor ihm auch schon Thomas Reis oder Mike Büskens.

Fehlende Qualität im Kader?

Auch in Karlsruhe war wieder zu sehen, dass Pässe über 20 Meter beim Mitspieler auf Kniehöhe ankamen. Wieder hatten Schalker Probleme bei der Ballannahme und verloren dadurch den Moment, wenn aus schnellem Spiel Chancen hätten werden können. Wieder scheiterte ein kontrolliertes Spiel aus der Abwehr nach vorne, weil man mit dem Pressing des Gegners nicht zurecht kam. Hätte also doch Justin Heekeren spielen sollen statt Ralf Fährmann, weil der Junge dem Älteren in Ballbehandlung und Passspiel überlegen ist? Sind Paul Seguin, Timo Baumgartl oder Tobias Mohr also zu schlechte Fußballspieler? Hat es also ausgerechnet Schalke 04 geschafft, die schlechtesten 23 Spieler der Zweiten Liga zu sammeln? Das denke ich nicht. Ich glaube nicht, dass es an mangelnder individueller Qualität liegt.

Paul Seguin wäre nie im Kader von Union Berlin angekommen, hätte er seine ganze Karriere so schlechte Pässe gespielt wie nun für Schalke 04. Doch statt ein Leader dieses Teams zu sein, einer, der seine Mitspieler aufbaut, der voran geht, versteckt er sich, geht unter, gibt sein Vater Interviews wie schlimm alles sei. Ich denke, auch Justin Heekeren hätte Schalkes Passqualität insgesamt nicht entscheidend gehoben. Über Assan Ouedraogos Talent schreiben gerade alle Zeitungen. Gestern trottete er ebenso resigniert über den Platz wie die anderen. Derart könnte man alle Spieler durchgehen.

Egoismus statt Wir – Resignation statt Glaube

Meines Erachtens fehlt diesem Kader durch die vielen Negativerlebnisse das Vertrauen ins eigene Können. Ich habe außerdem den Eindruck, dass sich einige Spieler selbst für besser als ihre Kollegen halten. Dass es vielen auf dem Platz vor allem darum geht, nicht schuld zu sein. Und dass dieses »Jeder für sich« dazu führt, dass sich beim ersten Gegentor sofort Resignation wie eine schwere Decke über die Mannschaft legt.

In Karlsruhe, wie schon in den Spielen zuvor, liefen Schalkes Spieler nicht für ihre Kollegen. Hinten wird die Abwehr nicht unterstützt, vorne läuft niemand mit. Jeder Schalker mit dem Ball auf dem Flügel ist chancenlos, wenn sich im Strafraum nur Simon Terodde zwischen 5 Gegnern bewegt, und alle anderen Mitspieler nicht schnell genug aufrücken. Um Fußball zu spielen braucht man, braucht jeder, braucht selbst der individuell beste Kicker Mitspieler um sich herum.

Karel Geraerts sprach gleich bei seiner Vorstellung davon, dass alle im Kader wichtig sind. Dass man nur Erfolg haben kann, wenn man zusammenhält und die Dinge gemeinsam angeht. Ich denke es ist genau das, was die größte Herausforderung seines neu angetretenen Jobs darstellt: Er muss aus dieser Gruppe eine Team machen, das für einander einsteht, das für einander läuft und sich gegenseitig antreibt. Ein Team, das wieder an sich glaubt.

Gelingt das nicht, steigt Schalke ab.

6 Comments

  • MAGsein sagt:

    Ich bin selten nach einem Spiel so gespannt gewesen auf die Expertise hier, weil ich nur Konfi schauen konnte und dann das ganze Bild fehlt. Auf dem dürftigen spielerischen Niveau macht es aber offenbar keinen Unterschied, ob ganz oder nur Szenen. Da ich von einigen Spielern keinen Eindruck hatte, bevor sie zu Schalke kamen, nehme ich immer wieder erstaunt zur Kenntnis, dass sie angeblich mehr auf dem Kasten haben als wir derzeit sehen. Ich sehe einfach nur ein von hinten bis vorne fußballerisch superschlechtes Team, in dem ein junger Bub Talent zeigt, aber mit untergeht. Und ich war ein bisschen neidisch auf den KSC, weil sie einen Stindl haben (nicht nur auf gestern bezogen). Am schlimmsten finde ich die Trägheit, aber ist der Kopf schwer, sind es die Beine wohl auch.

    Nach dem Spiel war ich schon super enttäuscht, und trotzdem: Es war der erste Ligauftritt mit Coach Karel. Die Sorge, wenn wir nicht schnell punkten, dann… weil wir hinten drinhängen, ist da. Aber ich warte so fünf Spiele ab. Und auch wenn wir weiterhin Punkte liegen lassen, geht es doch jetzt in erster Linie um eine sichtbare Teamentwicklung. Woraus dann hoffentlich besserer Fußball entsteht. Ich habe mit neuem Coach jedenfalls mehr Hoffnung auf Besserung als wäre Reis noch am Ball. Und ich finde es nach wie vor gut, dass es ein junger unbekannter Trainer mit kleiner Erfolgsgerschichte ist. Die in den sozialen Medien sofort wieder einsetzenden Rufe nach Knebel und Co. raus – das kann ich echt nicht mehr lesen. Das würde doch auf dem Platz aktuell nichts ändern. Es ist wie es ist, mit dem derzeitigen Personal auf dem Platz und im Verein müssen wir leben. Mit einem neuen Trainer hat man am einzigen Hebel, der zur Verfügung stand, angesetzt.

    Und schließlich: Mit TausendFreunde habe ich endlich einen Schalker Hafen gefunden, in dem ich mich sehr wohl fühle. Im live Podcast höre ich immer sehr genau zu, weil ich einfach zu weit weg bin vom Verein. Der kluge Austausch dort gibt mir viel. Euer Internetauftritt ist sehr klar und sehr gelungen. Danke für Euren Einsatz hier!

  • Martina sagt:

    Puh, das Spiel war wirklich schwer zu verkraften – vor allem nach dem Testspiel gegen Almelo, das schon ansatzweise nach Fußball aussah. Danach freute ich mich richtig auf Karels Pflichtspieldebüt. Umso größer war die Enttäuschung über die Darbietung auf dem Platz, die fatal an die erste Abstiegssaison erinnerte. Damals hatten wir auch von Harit über Stambouli bis Uth lauter Spieler im Kader, die nominell bei weitem nicht so schlecht waren. Aber auch da gab es lauter Ich-AGs, und es ist leider keinem der zahlreichen Trainer gelungen, daraus eine Mannschaft zu formen.
    Deine Beobachtungen decken sich mit meinen: da spielt jeder für sich, es gibt keine Unterstützung der Mitspieler, von Kampfeswillen ganz zu schweigen.
    Ich wünsche Geraets, dass er mögliche Stinkstiefel rasch identifiziert und isoliert, und ich hoffe, dass er dabei auf die Hilfe von Asa und Bujo zählen kann.

  • joha sagt:

    Das nennt man wohl einen Strudel, und in der Mannschaft scheinen sich auch einige Strömungen zu befinden.
    Wie auch immer er das anstellt: Der Trainer muss die Mannschaft bis zum Winter stabilisieren und ins untere Mittelfeld führen. Von mir aus auch mit 100 Prozent Standardtoren.
    Ich bete auf jeden Fall, dass der „winning spirit“ nicht die neue Ketchup-Flasche ist.
    Darüber hinaus stellt sich schon jetzt die Frage: Kann sich der Verein von dieser Saison erholen? Wir alle kennen genügend Szenarien für die Antwort „Nein“. Vorstand und Aufsichtsrat müssen jetzt überlegen, was es zu verändern gilt, wenn die Antwort „Ja, weil…“ lauten soll.
    Ich wünschte, ich hätte mehr Vertrauen in die handelnden Akteure.

  • Carlito1904 sagt:

    Ich hatte gestern nach dem Spiel, welches ich in Buer inner Kneipe mit Familie und Kumpels schaute, nicht einmal mehr die Kraft wütend zu sein.

    Ich fühlte mich einfach nur noch leer. Genauso leer, wie sich anscheinend die Spieler fühlen. Ich glaube nicht, dass die Jungs nicht wollen. Die können aktuell einfach nicht. Der Kopf spielt einfach NULLKOMMANULL mit. Auch mich erinnert an der aktuellen Situation ganz viel an unseren Abstieg in der vorletzten Katastrophensaison. Und ganz ehrlich, das macht mir Angst! ICH bin auch in Liga 3 im Stadion. Aber ich habe arge Bedenken, ob unser Verein das tatsächlich packt. Und das macht mir noch mehr Angst.

    Der Coach muss jetzt ganz schnell in die Köpfe der Spieler kommen und deren Blockaden lösen. Und dann brauchen wir ganz schnell Erfolgserlebnisse, damit die Mannschaft sich einfach überhaupt mal wieder irgendetwas zutraut. Denn aktuell lähmt der Kopf die Beine und jeder Spieler will einfach nur bloß keinen Fehler machen und spielt den Ball lieber quer oder direkt nach hinten, statt mutig nach vorne. Und macht die Fehler am Ende des Tages dann trotzdem.

    Scheiße.

  • Christian sagt:

    Es ist ernüchternd. Was willst du in einem Mannschaftssport erreichen, wenn du kein Team bist?

    Kann unsere Spiele maximal als Liveaudio über die Sportschau-App verfolgen. Die Kommentierung dort ist oft (fachlich und von der Spielschilderung her) extrem dünn. Deshalb erschüttert mich das Ausmaß der Berichte jedes Mal erneut.

    Vielleicht hätte es doch Magath gebraucht. Dann wird der Trainer „zum Feind“. Das schweißt die Spieler zusammen. 😉

  • Eckart sagt:

    Sehr treffend, lieber Torsten, und leider sehr ernüchternd. Denn das ist vielleicht der schwerste Job von allen, angesichts von weiteren Niederlagen gegen Hannover und St. Pauli die Köpfe frei zu bekommen und die „Comeback -Qualitäten zu wecken. Denn die mangelnde Einsatzbereitschaft zieht sich ja schon durch die gesamte Saison, vom ersten Spieltag an. Allein die Laufleistung war bislang in nur drei von zehn Spielen besser als die der gegnerischen Mannschaft (Lautern, Wiesbaden, Magdeburg). Immerhin, da gab es dann auch mindestens einen Punkt. Ich hoffe, Geraerts hat dafür eine gute Idee und lernt auch sein Team noch besser kennen, denn die Aufstellung gegen Karlsruhe war schon sehr gewagt. Ich glaube auch, dass das Team genug Qualität für mindestens den Klassenerhalt hat, aber wenn nicht irgendwie Leben in die Truppe kommt, nützt das alles nichts.

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