Schalke 04 verliert das Auftaktspiel zur Rückrunde. Im Heimspiel gegen den Hamburger SV muss man sich mit 0:2 geschlagen geben. Ein Spiel, in dem Schalke keineswegs schlecht war, das der HSV aber dennoch verdient gewann.
Checkt man heute die Zahlen zum Spiel, war Schalke in nahezu allen Kategorien überlegen. 26:8 Schüsse und 11:5 Ecken für Schalke wurden da notiert. Man hatte mehr Ballbesitz (55%), man spielte mehr Pässe (442:377) und davon kamen auch noch mehr an (76%:73%). Werte, über die man sich nicht wundern muss, deren Entstehung man auf dem Platz eben auch sah.
Wille & Zug zum Tor
Schon in der Anfangsphase agierte Schalke mit viel Wucht. Man hatte sich erkennbar viel vorgenommen, ließ Wille und Zug zum Tor sehen. Drang, der nach der durch den HSV-Block provozierten Spielunterbrechung abflaute.
In der zweiten Hälfte machte Schalke viel richtig. Man spielte offener, ging mehr Risiko ein, dem 0:2 Rückstand entsprechend. Man kam zu Abschlüssen, kam zu Ecken, erarbeitete sich Situationen und Gelegenheiten zum Anschlusstreffer. Dass drei Schüsse ans Aluminium statt ins Tor gingen, war letztlich auch Pech. Und trotzdem gewann der HSV das Spiel am Ende vollkommen verdient.
Das Loch im Zentrum
In der ersten Hälfte war die Überlegenheit im Zentrum der Schlüssel des HSV. Schalke gelang es nicht, Kenan Karaman adäquat zu unterstützen. Er hatte eher Simon Terodde und Keke Topp um sich statt Blendi Idrizi oder Tobias Mohr. Dadurch entstand ein Loch im Schalker Zentrum. Wenn sich Karaman, um es zu füllen, weit zurückfallen ließ, nahm ihm das seine Offensivstärke. Wenn Schalke es mit langen Pässen zu überbrücken versuchte, war das für den Gegner leicht abzusehen. Wenn der Spielaufbau über Außen erfolgte, stand der ballführende Spieler nicht selten drei Hamburgern gegenüber, verlor den Ball oder drehte ab und spielte zurück.
Die Wechsel Schallenberg für Idrizi und Tempelmann für Mohr verbesserten die Mittelfeldsituation. Da stand es aber schon 0:2. Vor allem deshalb, weil der HSV einfach die bessere Mannschaft stellte.
Der HSV: Einfach die bessere Mannschaft
Nahezu jeder Einzelspieler in Reihen der Hamburger war und ist seinem Schalker Pendant qualitativ überlegen. Der Leichtfüßigkeit von Spielern wie Jean-Luc Dompé oder Bakery Jatta hatte Schalke nichts entgegenzusetzen. In der Kombination mit einem Stoßstürmer wie Robert Glatzel und der Selbstverständlichkeit eines seit zweieinhalb Jahren eingeübten Offensivstils unter Trainer Tim Walter war dieses Team zu stark für Schalke 04.
Es hätte etwas Massel gebraucht. Hätte Ron Schallenbergs Schuss in der 62. Minute im Netz gezappelt anstatt knapp vorbeizusegeln, vielleicht hätte sich noch mehr ergeben. Vielleicht wäre der HSV unsicher geworden, es wäre nicht das erste Mal gewesen. Aber im Fußball sind Konjunktive Kokolores. Es bleibt bei einer Auftaktniederlage für Schalke 04 gegen einen zu guten Gegner und bei der Erkenntnis, dass die üblichen Statistiken alleine ein Fußballspiel nicht erklären können.
Das immerhin finde ich ganz schön.
Ich stimme gern zu und widerspreche zugleich.
Der HSV hat den besseren Kader. Tatsächlich auf diversen Positionen. Und genau das zeigt, dass es auf Schalke dann eben doch zu viele falsche Einschätzungen bei der Kaderzusammenstellung gegeben hat. Und das ist auch der Grund, warum wir am Ende froh sein müssen, überhaupt einen Mittelfeldplatz zu erreichen.
Und genau deshalb war das Ergebnis gar nicht gerecht. Mit dem schlechteren Kader ein zumindest ausgeglichenes Spiel hinzulegen, ist die stärkere Leistung als mit dem besseren Kader einen Pflichtsieg zu landen, der hauptsächlich aufgrund der individuellen Schwäche des Gegners möglich wird.
»Ich stimme gern zu und widerspreche zugleich.«
Sowas mag ich 🙂 Danke für Deinen Kommentar.
Eines vorweg, ich habe das Spiel nicht komplett sehen können, daher vertraue ich gerne deinen Einschätzungen. Was aber die, ich zitiere „Selbstverständlichkeit eines seit zweieinhalb Jahren eingeübten Offensivstils“ angeht, eine kleine Anmerkung meinerseits:
Ich habe durch einen früheren Redakteur vom Hamburger Abendblatt und heutigen Bloggers etwas Einblick beim kleineren Verein aus Hamburg. Genau diesen Offensivstil kritisiert er in schöner Regelmäßigkeit. Beziehungsweise das Fehlen eines sogenannten Plan Bs, besonders auswärts gegen sogenannte „kleine Gegner“. Ich konnte das selber vor ein paar Monaten bei uns in Osnabrück bewundern. Da war weder etwas von irgendeiner Leichtfüßigkeit zu sehen, geschweige denn irgendetwas jahrelang eingeübtes. Vom grottigen Abwehrverhalten ganz zu schweigen. Und Osnabrück ist ja nochmal um einiges schwächer als Schalke. Man kann also auch als vermeintlich chancenloses Team etwas ausrichten, wie Jürgen Klopp immer so schön sagt „Den Gegner auf unser Niveau runterziehen“, aber dafür muss man eben anders Fußball spielen, besonders defensiv…
Aber ist immer ein Unterschied, ob man bei einer Mannschaft mal kurz drauf schaut oder ob man sich das Elend gefühlt jede Woche antun muss. Andere bewerten Schalke sicher auch anders als wir es tun…
Obwohl der HSV sicher bessere individuelle Qualität hat, würde ich schon sagen: Auch am Samstag wäre für etwa die Hälfte der 17 anderen Mannschaften in einem Heimspiel etwas drin gewesen, der HSV ist weiterhin gerade in der Abwehrarbeit nicht besonders sattelfest aufgestellt (was auch die Schalker Offensivpräsenz etwas relativiert). Ich hoffe trotzdem, dass beide Hamburger Vereine hochgehen und in der kommenden Saison keine Konkurrenz mehr sind (falls wir überhaupt oben mitspielen).
Die nächsten beiden Spiele werden sehr wichtig. Zwei Siege würden erst einmal etwas Abstand zu den letzten drei Plätzen herstellen. Dann lässt sich auch das Leistungsvermögen für den Rest der Saison etwas besser einschätzen.
„Tausend Freunde kann niemand trennen,
Tausend Freunde sind nie allein…“
Frohes Neues!
Spiel leider verpasst. Oder zum Glück? Nach hundert Watsch‘n in den letzten 48 Monaten geht es auch mal ohne. Aber wie immer ist Dein Bericht und Kommentar mit Gewinn zu lesen.
»Aber wie immer ist Dein Bericht und Kommentar mit Gewinn zu lesen.«
Vielen Dank.
Freut mich auch, dass die Anzahl der Kommentare hier wieder zunimmt. Gerade auch dann, wenn Kommenatoren anderer Meinung sind.
Zu »verpasst. Oder zum Glück?« mag ich für mich sagen: Es war im Stadion arg kalt, aber gesehen habe ich das Spiel dennoch gerne. Irgendwann kam das viel zitierte »Die könnten noch Stunden spielen und würden nicht treffen«-Gefühl auf, aber zu sehen, dass sie trotzdem immer weitermachten, dass sie versuchten weiter zu spielen und nicht ins Hoch und Weit verfielen … jedenfalls nicht mehr als von Beginn an, wenn sich kein Anspiel bot.