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Nach dem Abstieg sortiert sich Schalke neu. Nach der Saison in der Bundesliga wollen plötzlich Spieler den Verein verlassen, die vor wenigen Monaten noch Helden waren, die gerade um den Abstieg weinten und deren Verträge auch für die Zweite Liga gelten. Manchen Fans stößt das übel auf.

Instagram ist das Social Network der Fußballprofis. Nahezu jeder Spieler, der in der letzten Saison für Schalke spielte und einen Instagram-Account hat, postete vor zwei Wochen sein Statement zum Abstieg. Traurigkeit und Enttäuschung hatten alle Beiträge gemein. Für Fans waren dabei aber vor allem die Schlusssätze interessant, hoffte man doch aus ihnen ablesen zu können, ob der Spieler wechseln will oder bleibt.

Bei Spielern wie Moritz Jenz und Tom Krauß war von Beginn an klar, dass sie bei einem Abstieg nicht auf Schalke bleiben würden. Ihr Marktwert war schlicht zu hoch, als Zweitligist kann sich Schalke die Ablösesummen nicht leisten. Mit ihnen konnten keine für die Zweite Liga gültigen Verträge abgeschlossen werden. Bei ihren Instagram-Bekenntnissen, wie sehr sie die intensive Zeit auf Schalke mochten, flogen ihnen die Fanherzen zu tausenden zu. Bei Spielern wie Thomas Ouwejan, Marius Bülter oder Rodrigo Zalazar, deren Verträge auch für die Zweite Liga Gültigkeit haben, schwangen mehr Zweifel, Hoffnungen und Erwartungen mit.

Thomas Ouwejan, Held der Aufstiegssaison, war dem Vernehmen nach bereits im Verlauf der Saison unzufrieden, nachdem er nicht mehr unumstrittener Stammspieler war. Marius Bülter traf 11 Mal, in einem Kader, der mit Abstand zu den wenigsten Toren in der ganzen Liga gekommen ist. Schnell war klar, dass Erstligisten um ihn bieten würden. Zuletzt war auch mehrfach zu lesen, Rodrigo Zalazar würde einen Wechsel anstreben, er wolle lieber nicht mit Schalke den Weg in die Zweite Liga gehen.

Alles nur gespielt?

Schalker sind viele und letztlich findet man immer alle Meinungen. Mein Eindruck ist, dass gerade Rodrigo Zalazar, mehr als anderen, ein Wechselwunsch übel genommen wird. Im Netz sah ich ein Nebeneinanderstellen zweier Bilder von ihm. Links trägt er das Trikot des FC St. Pauli, rechts das des FC Schalke 04. Auf beiden küsst er das Vereinswappen. Dass es mit seiner Identifikation nicht weit her sein könne, war der Unterton.

Also alles nur gespielt? Ist es gar Pech, dass ausgerechnet die Spieler, die nur per Leihe für die Blauen spielten, »mit vollem Herzen dabei« waren, die anderen aber nicht?

Schalkes Ex-Manager Horst Heldt sagte mal, dass er froh sei, dass es Spielerberater gäbe. Dass er die Kämpfe um Kohle und Karriere nicht mit den Spielern ausfechten müsse, die er jeden Tag träfe, weil das das Miteinander beschädigen könnte. Ich denke, darin steckt viel von dem, was aufeinanderprallt, wenn wir von Außen auf das emotionale Verhalten von Spielern einerseits und auf ihre nüchterne Karriereplanung andererseits blicken.

Das gleiche Ziel

Dass sich Profifußballer an einen Club binden und den Vertrag trotzdem nicht in allen Fällen erfüllen, ist nicht verwerflich. Im Gegenteil: Es gehört zum System. Schalke hat die Steigerung des Kaderwertes zum wichtigsten Ziel erhoben. Das finanzielle Vorankommen des Clubs ist dabei auch vom »Realisieren von Werten« abhängig – vom Verkauf von Spielern, die man selbst besser und »wertvoller« gemacht hat als sie es waren, als man sie holte. Spieler und ihre Berater verfolgen letztlich das gleiche Ziel: Sie wollen vorankommen, In ihrem Wert für die Clubs, in ihrer Karriere und damit in ihrem Verdienst.

Obwohl das so ist, glaube ich diesen Spielern ihre Emotionen trotzdem. Wenn Bülter & Co. nach dem Abpfiff vor der Kurve weinten, dann nicht weil sie befürchteten zukünftig weniger zu verdienen. Sondern weil auch sie die Kraft für die vergangenen Wochen aus der Fokussierung auf das »Wunder Klassenerhalt« zogen. Weil auch sie sich vom Zusammenhalt zwischen Stadion und Mannschaft pushen ließen, so wie wir alle. Weil es zutiefst traurig war, enttäuschend, dass es doch nicht gelang. Weil in diesem Moment die Hoffnung zusammenfiel.

Rodrigo Zalazar: Einer wie man ihn sich wünscht

Gerade Rodrigo Zalazar ist ein emotionaler Typ. Ich mag ihn, nicht nur weil er der Held des 3:2 zum Aufstieg war, weil ich diese Explosion immer mit ihm verbinden werde. Ich mag, wie er sich in den zwei Jahren auf Schalke gab. Gerade ihm würde ich zugestehen, dass er stets mit voller Kraft bei der Sache war – wer mag darf diese Formulierung durch »aus vollem Herzen« ersetzen. Auf dem Platz ein Draufgänger. Neben dem Platz einer, der auch verletzt und auf Krücken zum Trainingsplatz kam. Von dem es unzählige Fotos mit Fans gibt, der stets freundlich wirkte. Ein Spieler, wie man ihn jungen Fans wünscht, die auf dem Berger Feld auf eine Begegnung mit ihrem »Star«, auf ein Foto oder Autogramme hoffen.

Donnerstagfrüh plöppten wieder Bilder vom küssenden Rodrigo Zalazar auf. In der Nacht zuvor gab er sein Debüt für die Nationalmannschaft Uruguays und erzielte dabei gleich zwei Treffer. Nun trug er also das hellblaue Trikot Uruguays und küsste das Wappen des nationalen Verbandes. So jubelt er eben. Ich würde mir wünschen, dass er weiterhin unser Trikot küsst. Aber wenn er glaubt, weiterziehen und »den nächsten Schritt« machen zu müssen: Von mir aus nur das Beste!

Bild: IMAGO

2 Comments

  • Thom Fischer sagt:

    Deine Sachlichkeit ist sehr wohltuend und für mich auch kein Gegensatz zur Emotionalität, dieser wahrhaft großen und ja jetzt noch mal größeren Vereinigung, Schalke 04. Danke auch für diesen Artikel. Er tut gut bei der weiteren Verarbeitung des Abstiegs, in einer Zeit in der Fußball und auch das Fußballgeschäft nicht mehr ganz passend erscheinen, aber, watt willste machen… ´Lebbe geht weiter´, der Fußball will sich auch weiter drehen, mit uns und mit deutlich mehr als 1000 Freunden dieses schalkigen Lebensgefühls… Ein noch verschlafenes, aber ehrlich gemeintes ´Glück auf´ am nicht zu späten Sonntagmorgen mag noch hinterher genuschelt kommen.

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