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Anfang der Woche wurde Karel Geraerts als neuer Cheftrainer des FC Schalke 04 vorgestellt. »Neue Hoffnung« hieß mein Text dazu. Der Titel entsprach meinem Gefühl bei des Trainers Präsentation. Gleichzeitig war und ist mir bewusst, dass das eine Funktion von Trainerwechseln ist. Trotz aller späterer Enttäuschungen. Ein Rückblick auf 10 Jahre Trainer-Vorstellungen auf Schalke.

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Heute vor 10 Jahren war Jens Keller Schalkes Cheftrainer. Er war es schon fast 10 Monate und sollte es noch ein Jahr bleiben, nachdem er im Dezember 2012 von Horst Heldt eigentlich nur als Trainer bis Saisonende vorgestellt wurde. Obwohl die Bild zwischendurch schon Armin Veh auf der Autobahn gen Gelsenkirchen wähnte und obwohl Jens Keller in seiner Selbstdarstellung auch mit der Zeit nicht an Farbe gewann, blieb er doch bis heute und seit Vizemeister Mirko Slomka der Schalke-Chefcoach mit der längsten Amtszeit (661 Tage).

16.12.2012: Schalke 04 stellt Jens Keller als Cheftrainer vor (YouTube)

Nach einer Auswärtsniederlage in Hoffenheim, am 7. Spieltag der Saison 2014/2015, war für Jens Keller Schluss. So wie Jens Keller ein anderer Typ als Vorgänger Huub Stevens war, der für einen komplett anderen Fußball als sein Vorgänger Ralf Rangnick stand, sollte nach Keller der nächste Bruch erfolgen: Roberto Di Matteo kam mit Stil und brachte internationalen Glanz in die Pressekonferenz zu seiner Vorstellung.

08.10.2014: Schalke 04 stellt Roberto Di Matteo als Cheftrainer vor (YouTube)

Obwohl aus dem näheren Umfeld des Vereins nur freundliche Worte über den Umgang mit Roberto Di Matteo zu hören waren, wurden Fans mit ihm nicht warm. Zu wenig emotional war er, der Fußball angeblich zu defensiv. Nach einer Niederlage gegen den HSV war am Saisonende schon wieder Schluss für Roberto Di Matteo auf Schalke. Nach dem Mann aus London sollte es nun wieder bodenständiger werden. André Breitenreiter hatte sich als Trainer des SC Paderborn einen guten Ruf erarbeitet, obwohl der Club am Ende der Saison wieder in die Zweite Liga abgestiegen war. 250 Tage nach Di Matteo trat er auf die Schalker Bühne. Seinen anfangs leicht nervösen, aber insgesamt überaus selbstbewussten Auftritt bei seiner Vorstellung gibt es nicht im Vereinskanal nachzuschauen. Die verlinkten 100 Sekunden des Sportportals Spox liefern aber den passenden Eindruck. Horst Heldts Statement zur Trainerwahl dieser Tage kann man hier nachschauen.

15.06.2015: Schalke 04 stellt André Breitenreiter als Cheftrainer vor (YouTube)

Es war die Zeit der »Saisontrainer« auf Schalke. André Breitenreiter war der Coach der Saison 2015/2016. Er gewann sein letztes Spiel, 4:1 in Hoffenheim, um wäre wohl auch noch länger Trainer der Blauen geblieben, hätte es nicht einen größeren Umbruch gegeben: Zur Saison 2016/2017 übernahm Christian Heidel den Manager- und Vorstandposten von Horst Heldt, und der wollte einen neuen, seinen Trainer installieren. Seine Wahl fiel auf einen Mann, der zuvor als Coach des FC Augsburg schon »Trainer des Jahres« wurde. 372 Tage nach Breitenreiter trat Markus Weinzierl den Cheftrainer-Posten auf Schalke an und freute sich »auf die kommenden Jahre«.

21.06.2016: Schalke 04 stellt Markus Weinzierl als Cheftrainer vor (YouTube)

Markus Weinzierl war also der Coach der Saison 2016/2017, mehr Jahre kamen allerdings nicht. Er startete mit fünf Niederlagen in die Saison und war am Ende der erste Trainer in dieser Reihe, unter dem Schalke 04 mehr Ligaspiele verlor als gewann (11Siege, 10 Unentschieden, 13 Niederlagen). Manager Heidel nahm also den nächsten Wechsel vor. Er besann sich darauf, dass er in seiner bisherigen Laufbahn vor allem mit unerfahrenden Trainern gut gefahren war, und holte den erst 31-jährigen Domenico Tedesco, der für Ergebirge Aue gerade seine ersten 11 Spiele als Trainer im Männerbereich absolviert hatte. Tedesco war der dritte Schalke-Trainer in Folge, der zu Saisonbeginn seinen Job antrat.

21.06.2017: Schalke 04 stellt Domenico Tedesco als Cheftrainer vor (YouTube)

Unter Domenico Tedesco wurde Schalke Vizemeister der Saison 2017/2018, die Folgesaison begann aber nach Weinzierl-Art: Schalke verlor die erste fünf Ligaspiele. Vor dem Spiel des 23. Spieltags in Mainz wurde bekannt, dass Christian Heidel zurücktreten würde. Als Schalke das offiziell verkündete hatte man das Spiel 0:3 verloren und stand auf Platz 14, sieben Punkte und viele Tore vor dem Relegationsplatz. 19 Tage später, am 14. März 2019, hatte Jochen Schneider seinen ersten offiziellen Arbeitstag als neuer Vorstand Sport des FC Schalke 04. An diesem seinen ersten offiziellen Arbeitstag stellte er Domenico Tedesco frei. Bis Saisonende übernahm – zum dritten Mal – Huub Stevens. Zur neuen Saison begann mit David Wagner nicht nur wieder ein Schalke-Trainer zu Saisonbeginn, Schalke stellte gleich eine komplette »neue sportliche Führung« vor.

27.06.2019: Schalke 04 stellt David Wagner und die neue sportliche Führung vor (YouTube)

Zur Winterpause der Saison 2019/2020 stand Schalke mit 30 Punkten auf Platz 5. Als man im Januar, am 18. Spieltag, Borussia Mönchengladbach mit 2:0 schlug, ahnte noch niemand, dass das der letzte Bundesligasieg unter David Wagner gewesen sein würde. Im März erklärte die WHO die Verbreitung des neuartigen Coronavirus‘ zur Pandemie. Es begann die Zeit der Geisterspiele und des Schalker-Gruselfußballs. Aus den weiteren 16 Spielen holten die Blauen nur noch 6 Unentschieden. Jochen Schneider hielt trotzdem an David Wagner fest und Schalke ging mit ihm in die Saison 2020/2021. Nach einem 0:8 gegen Bayern München und einem 1:3 gegen Werder Bremen wurde er nach dem 2. Spieltag freigestellt. Drei Tage später stellte Schalke Manuel Baum als neuen Chef- und Naldo als dessen Co-Trainer vor.

30.09.2020: Schalke 04 stellt Manuel Baum als Chef- und Naldo als Co-Trainer vor (YouTube)

Unter Manuel Baum gewann Schalke 4:1 bei Schweinfurt 05, in der ersten Runde des DFB-Pokals. In der Liga gelang Schalke unter Baum kein Sieg. Am 24. November meldet Schalke, dass sich der Verein von Michael Reschke trennt. Am gleichen Tag wurde bekannt, dass Co-Trainer Naldo und Stürmer Vedad Ibisevic im Training aneinandergeraten waren. Der Verein löste daraufhin den Vertrag mit Ibisevic auf. Am 18. Dezember, 79 Tage nach seiner Vorstellung, nach 10 Ligaspielen mit 4 Unentschieden und 6 Niederlagen, trennte sich Schalke von Manuel Baum. Für ein Ligaspiel (0:1 gegen Bielefeld) und ein Pokalspiel (3:1 in Ulm) übernahm erneut – zum vierten Mal – Huub Stevens. Zwischen Weihnachten und Neujahr stellte Jochen Schneider den neuen Cheftrainer Christian Gross vor. Und weil es offenbar nie Jochen Schneiders Ding war, alleine mit einem Trainer auf dem Podium zu sitzen, war diesmal zusätzlich Huub Stevens dabei.

27.12.2020: Schalke 04 stellt Christian Gross als Cheftrainer vor (YouTube)

Wie Manuel Baum war auch Christian Gross für 10 Ligaspiele Schalkes Cheftrainer. Sieben davon wurden verloren. 63 Tagen nach der Vorstellung auf dem Podium trennte sich Schalke nicht nur von Christian Gross sondern auch von Jochen Schneider, von Teamkoordinator Sascha Riether, von Co-Trainer Rainer Widmeyer, von Athletiktrainer Werner Leuthard; und Naldo ward fortan auch nicht mehr gesehen. Peter Knäbel übernahm die sportliche Leitung und stellte drei Tage später Dimitrios Grammozis als neuen Cheftrainer vor, der einen Vertrag über das Saisonende hinaus erhielt.

03.03.2021: Schalke 04 stellt Dimitrios Grammozis als Cheftrainer vor (YouTube)

An der unsäglichen Saison 2020/2021 war Dimitrios Grammozis noch mit 11 Spiele beteiligt, in denen Schalke zu 2 Siegen, einem Unentschieden und 8 Niederlagen kam. Zur folgenden Zweitligasaison holte Schalke Rouven Schröder als Sportdirektor in die sportliche Leitung und ging – wie geplant – mit Grammozis das Projekt Wiederaufstieg an. Nach 23 Spielen lag Schalke nur einen Punkt hinter den Aufstiegsrängen. Als die nächsten beiden Begegnungen nicht gewonnen werden konnte, zog Schalke die Reißleine und stellte Grammozis frei. Mike Büskens übernahm als Interims-Trainer bis Saisonende, gewann 7 von 8 Spiele und schaffte den direkten Wiederaufstieg. In der folgenden Erstligasaison sollten die erfolgreichen Mike Büskens und Matthias Kreutzer auf der Trainerbank bleiben. Als neuen Chef dieses »Trainerteams« stellte Schalke 04 Frank Kramer vor.

07.06.2022: Schalke 04 stellt Frank Kramer als Cheftrainer vor (YouTube)

Wie Manuel Baum und Christian Gross kam auch Frank Kramer auf 10 Ligaspiele als Cheftrainer des FC Schalke 04. Die letzten vier wurden verloren. Nach einer weiteren Niederlage in der zweiten Pokalrunde stellte Schalke Frank Kramer am 19.10. frei, 134 Tage nach seiner Vorstellung. Acht Tage später stellte Schalke nicht nur Thomas Reis als neuen Cheftrainer vor. Sportvorstand Peter Knäbel musste zusätzlich noch erklären, dass Sportdirektor Rouven Schröder am gleichen Tag von seinem Amt zurückgetreten war. Diese sehr bemerkenswerte Pressekonferenz ist im YouTube-Vereinskanal nicht mehr zu finden, dafür aber glücklicherweise im Kanal des Portals Hallo Buer.

27.10.2022: Schalke 04 stellt Thomas Reis als Cheftrainer vor (YouTube)

Unter Thomas Reis holte Schalke in der Saison 2022/2023 aus 23 Spielen 25 Punkte. Ein Schnitt, der über 34 Spiele zum Klassenerhalt gereicht hätte. Schalke stieg trotzdem ab, dachte aber, nun den richtigen Trainer gefunden zu haben. Schalke glaubte, als Aufstiegsfavorit in die neue Zweitligasaison zu gehen. Von den ersten 4 Spiele gingen allerdings gleich drei verloren. Nach sieben Spieltagen belegte Schalke mit nur 7 Punkten den Relegationsplatz zur dritten Liga. Nachdem auch die Öffentlichkeit durch ein Interview mit Abwehrspieler Timo Baumgartl von Unstimmigkeiten zwischen Team und Trainer erfuhr, wurde Thomas Reis am 27. September beurlaubt. Die Situation wäre »menschlich und inhaltlich festgefahren« gewesen, erklärte der Verein. Zwölft Tage später stellte Schalke 04 Karel Geraerts als neuen Cheftrainer vor.

09.10.2023: Schalke 04 stellt Karel Geraerts als Cheftrainer vor (YouTube)

So viele Neustarts, so viel was trotzdem missriet. Alle diese Trainer erwähnten bei ihrer Vorstellung – natürlich – dass sie Potenzial im Kader sahen. Alle freuten sich auf die anspruchsvolle Aufgabe, alle hatten das Sebstbewusstsein, Schalke nach vorne bringen zu können; und konnten ihren Job doch nicht lange halten. Soll man also gar nicht mehr hoffen, weil eh alles vergeblich ist?

Auf keinen Fall! Schalke 04, das Fansein insgesamt und der Profifußball überhaupt lebt von der Hoffnung auf eine bessere Zukunft! Immer. Jeder Fan eines jeden Clubs hofft darauf, dass die neue Saison besser läuft als die letzte. Trainerwechsel sind Ausdruck der Veränderung nach einer schlechten Phase, und immer geht es darum, sich selbst zu erklären, warum es genau jetzt und mit diesem Trainer nun besser werden könnte.

Es gibt Leute die meinen, Menschen gingen ins Stadion um sich aufregen zu können. Ich denke das stimmt nicht. Ich denke sie gehen ins Stadion, weil sie hoffen, dass dort was Tolles zu erleben sein wird, was sie nicht verpassen wollen. Und falls das nicht passiert, hoffen sie eben aufs nächste Mal. Auf Schalke jedenfalls ist das so. Der Aufbruch nach dem Einbruch entfacht Euphorie, macht Lust, treibt an und ist ein Ausgleich für die schlechten Gefühle des gerade erlebten Niedergangs. Ich halte das für grundgut, ich liebe alles daran.

Es wird so bleiben, auch in den kommenden 10 Jahren. Das einzig Stete ist die Veränderung. Trotzdem dürften die nächsten Jahre gerne auf weniger Trainerwechsel kommen als die letzten. Schließlich wünsche ich Karel Geraerts und mit ihm dem Verein nur das Beste.

Ma’kucken.

3 Comments

  • Rolf Oebel sagt:

    Danke für die Rückschau. Zentraler Fehler in der Vergangenheit war das Abrücken von Heidel von Breitenreiter. Dieser Bruch war unnötig, wer weiß, wie die Saison dann verlaufen wäre. Schade, dass Schroeder den Abflug gemacht hat. Die wahren Gründe im Nachgang würden mich interessieren, eventuell die fehlende Bereitschaft der Vereinsführung ins finanzielle Risiko zu gehen, was die Transfers anbetrifft. Er hätte das Gesicht von Schalke werden können. Nun bleibt die Hoffnung, dass in der Winterperiode die Abwehr hochwertig verstärkt wird, denn ich glaube insgesamt, dass der Kader gar nicht so schlecht besetzt ist. Gut an Karel ist, dass er mit der Systemumstellung neuen Spirit einhaucht. Allein die Überlegung Lasme mit in die Spitze zu nehmen gibt dem Ganzen eine größere offensive Dynamik. Der Glaube daran, dass es wieder gelingen kann muss weitere Früchte tragen.

  • Carlito1904 sagt:

    Man, man, man, da kann einem echt schwindelig werden, wenn man sich die Liste der ehemaligen Trainer und die zunehmende Dynamik der Wechsel dieser, und am Ende auch noch weiterer handelnder Personen, anschaut.

    Ich habe die große Hoffnung, dass wir mit Karel Geraerts mal wieder einen Trainer verpflichtet haben, der länger als eine Saison unser Trainer bleibt. Warum? Kann ich nicht erklären. Vielleicht ist es der völlig irrationale Grund, weil er, wie Huub, aus BeNeLux kommt. Und wir mit Spielern aus Belgien und den Niederlanden und dem Trainer Limburg bislang eigentlich fast immer gute Erfahrung gemacht haben. Wobei, da gab es ja auch Fred Rutten und Orlando Engelaar.

    Ach egal, ich will einfach daran glauben und darauf hoffen, dass wir, das der Verein, endlich mal wieder einen guten Griff auf dem Posten des Trainers gemacht hat und es klickt. Ich würde uns und Karel wünschen, dass er Zeit bekommt, erfolgreich ist und wir dadurch endlich mal wieder ein wenig Konstanz auf dem Posten des Trainers haben.

    Ich weiß, Schalker denken bei Konstanz eigentlich nur an die Stadt am Bodensee. Aber vielleicht kommt es ja mal (wieder) anders. Man wird ja wohl noch träumen dürfen. 🙂

  • Ney sagt:

    Waren das nicht schöne Zeiten, als man es sich leisten konnte, einen Keller, Breitenreiter, Tedesco in einer tabellarischen Delle oder gleich ganz ohne sportlichen Grund zu feuern.

    Im Management/Vorstand hatten wir maßgeblich Heldt, Heidel, Schneider, Schröder, interim immer mal wieder Knäbel.
    Da waren einige von auch nicht gerade der große Wurf, gelinde ausgedrückt.

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