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Aktuell erzählt sich Schalke die Geschichte, dass seit dem Winter alles prima lief. Dass man nun in der Spur sei, dass die Fehler bereits einen Sommer zurücklägen. Eine einfache Geschichte. Eine Hoffnung schürende Geschichte, mit dem praktischen Nebeneffekt, dass Schalkes Gesicht des letzten Sommers den Verein längst verlassen hat. Eine Story, die zu simpel ist und die einem genaueren Hinschauen nicht standhält.

Als Schalkes damaliger Sportdirektor Rouven Schröder noch als »Architekt des Aufstiegs« fungierte und »Don Schröder« war, wurde er mal gefragt, wie er den Erfolg genieße und wie er diesen Fan-Titel wahrnehmen würde. Dass er das einzuschätzen wüsste, sagte er, dass er nicht zu hoch fliegen wolle, weil ihm bewusst sei, dass es auch schnell wieder anders sein könne.

Das Good Cop/Bad Cop-Spiel

Mittlerweile arbeitet Schröder in Leipzig und im Winter haben viele Fans den Titel an »Don Knäbel« weitergereicht. Schröder wird die Wahl Frank Kramers als Trainer angelastet, in seine Zeit fallen vermeintlich schlechte Sommertransfers und er wird für die schwache Hinrunde verantwortlich gemacht. Die Transfers im Winter wurden von Peter Knäbel und dem Duo André Hechelmann und René Grotus über die Bühne gebracht. Diese Transfers gelten als gut, seitdem ging es aufwärts. Eine Sichtweise, die den Verantwortlichen im Verein gefallen kann.

In einem »Mitgliederbrief« wandten sich Aufsichtsrat und Vorstand des Vereins am Montag an ihre Mitglieder. Dort heißt es: »Die Zeit während der WM-bedingten Liga-Pause nutzte der Vorstand zu einer tiefgehenden Analyse des gesamten sportlichen Bereichs. Seitdem wurden wichtige Schlüsse für zukünftige Entscheidungen gezogen, die schon in der Wintertransferperiode und in der Rückrunde erste positive Ergebnisse geliefert haben.«

Ebenfalls am Montag stellte Schalkes Sportvorstand Peter Knäbel Medienvertretern die Planungen für die kommende Zweitligasaison vor. Zwei Eckpunkte der Analyse der Abstiegssaison seien die falsche Trainerwahl und die Verletztenliste gewesen, schreibt Andreas Ernst/WAZ(€). Intern werde auch die schlechte Bilanz im Transfersommer 2022 als Grund benannt, so der Journalist weiter.

Sommer pfui, Winter hui?

Waren nun also Knäbel, Hechelmann und Grotus die »Architekten des Aufschwungs«? Kann die Hinrunde damit endgültig abgehakt werden? Zunächst sollte festgehalten werden, dass Peter Knäbel als Vorstand auch alle Entscheidungen im letzten Sommer zu verantworten hatte. Das steht intern sicher nicht zur Debatte, vom Fan-Gedächtnis wird sowas aber gerne schnell vergessen. Umgekehrt war Rouven Schröder noch daran beteiligt, Thomas Reis als Trainer auf Schalke zu holen. Außerdem sei daran erinnert, dass im letzten Sommer mit Tom Krauß und Alex Kral zwei Spieler zu den Blauen kamen, die zu Säulen dieser Mannschaft wurden, oder dass mit Polter und Karaman Leute geholt wurden, die in der kommende Saison voran gehen sollen. Vor allem mag ich aber feststellen, dass das Winter-Transferfenster für Schalke eigentlich nicht gut lief. Dass es eigentlich sogar ziemlich schlecht lief, was schnell zu erkennen ist, wenn man nur mal hinschauen mag.

Michael Frey hat in 15 Spielen kein Tor erzielt. Sein Kampfgeist war sympathisch, wirklich weitergebracht hat er das Team nicht. Jere Uronen bekam alle Möglichkeiten, die Linksverteidiger-Position zu gewinnen, schaffte das aber nicht. Ihm wurde am Ende Henning Matriciani vorgezogen. Tim Skarke hätte einschlagen können, was allerdings durch Verletzungen nicht stattfand. Niklas Tauer war überhaupt nicht zu sehen, Eder Balanta fiel nur durch Gelbe Karten auf. Moritz Jenz war der einzige richtig gute Transfer in diesem Winter. Er war die einzige Personalie, die den Kader der Hinrunde in seiner Qualität tatsächlich verstärkte.

Die Transferperiode im Winter wurde als aktiv empfunden, weil die Verpflichtungen Schlag auf Schlag kamen – alle am Ende des Zeitfensters, kein Neuzugang stand dem Trainer im Trainingslager zur Verfügung. Der Winter wurde als erfolgreich gefühlt, weil sich danach die besseren Ergebnisse einstellten. Das hatte aber in erster Linie mit dem Wirken von Thomas Reis zu tun und nicht mit der Wintertransferperiode. Die war in Summe durchaus vergleichbar mit der als schwach erachteten Transferperiode im letzten Sommer.

Nein, einen »Don« hat Schalke gerade nicht. Braucht es auch nicht. Aber es braucht Klarheit in der Analyse, im Blick auf die Dinge, um sie zukünftig besser machen zu können.

Bild: IMAGO

6 Comments

  • Wilfried Hahn sagt:

    Moin Thorsten
    Das hast du sicherlich sachlich richtig analysiert. Jetzt geht es darum ruhig die aktuelle Situation aufzuarbeiten und ohne Aktionismus die neue Saison anzugehen. Für mich ist wichtig die Konsolidierung fortzuführen. Agieren mit den Möglichkeiten die wir haben.
    Blau Weiße Grüße aus Bocholt
    Wilfried Hahn

  • Jens sagt:

    Bei Schröder blieben Internats auch intern, was zukünftige Personalien als auch Nebensächlichkeiten wie Kuchen für Fährmann. Teilweise erinnerte das an dunkle Zeiten in den ein gewisses Medienhaus gefühlt eine direkte Standleitung nach Rheda-Wiedenbrück hatte. Wenn Knäbel sich sogar zu denen in ihr sogenanntes TV Format setzt ist das auf deutsch gesagt seine eigene Blödheit, aber man sollte es denen auch nicht zu einfach machen, ein bisschen recherchieren sollen die ja auch…😊
    Ich weiß das dieses Thema vielen in der mittlerweile berüchtigten Schalke Bubble sauer aufstößt. Die kommende MV ist eine gute Möglichkeit dieses Thema anzusprechen, was ich auch vorhabe…

  • Erle72 sagt:

    Im Mitgliederbrief steht auch „Wir haben vor und während der Spielzeit Fehler gemacht“. Das Rouven Schröder dann an der Wende zum Bessseren, als Weggegangener, keinen Anteil erhält, obwohl er einige gute Transfers geleistet hat, ist eher normal. Einen Trainer zu holen, von dem wohl keiner 100 % überzeugt war, ist eine Fehlentscheidung der gesamten (sportlichen) Führung gewesen. Das hat mit Sicherheit Rouven Schröder nicht allein entschieden. Und wenn der Grund die Büskens-Co-Trainer-Klausel war, kann man heute ruhig dazu stehen. Gut gemeint-ausprobiert-schief gegangen. Natürlich war es furchtbar, die Aufstiegseuphorie dermaßen an die Wand zu fahren.
    Die Wintertransfers fand ich unter den Umständen an sich ok. Natürlich war Moritz Jenz ein wichtiger Faktor und Jere Uronen ein durchschnittlicher Linksverteidiger Backup für den nie in Form kommenden Thomas Ouwejan. Michael Frey war ein wichtiger Transfer keine zwei Wochen nach der Verletzung von Sebastian Polter. Simon Terrodde wirkte etwas ausgebrannt und Michael Frey war es, der in der Unentschiedenphase eine neue Dynamik in das Pressing brachte. Natürlich wäre ein Stürmer mit Toren noch wünschenswerter gewesen, aber da hat sich dann Marius Bülter irgendwann aus seinem Formtief befreit. Tom Skarke verletzt, Niklas Tauer verletzt und nicht in Form gekommen und ein Eder Balanta der es sich mit seiner unsouveränen Zweikampfführung verdorben hat. Anfangs zeigte er noch einige schnelle Umschaltpässe, aber das war es dann – entäuschend. Bin echt gespannt auf die kurze Transferperiod bis zum Neustart und welche Schlüsse nun wirklich aus der Arbeit der letzte zwei Jahre gezogen werden. Und Dank an dich Torsten, ohne deine Denk- und Schreibmaloche wäre das Schalkeleben eindeutig ärmer. Glück auf in das nächste Schalke Jahr.

  • Martina sagt:

    Es ist richtig, was du schreibst, Torsten. Auf Schalke denkt man gerne in Freund-/Feindbildern. Und sofern jemand „Schuld“ hat, wird auch gleich sein Kopf gefordert. So auch jetzt: die Mitverantwortung Knäbels wird durchaus gesehen und mit den üblichen „Knäbel raus!“-Rufen beantwortet. Ich hoffe, es wird aus den Fehlern der Vergangenheit (Sommer wie Winter) gelernt. Aber machen wir uns nichts vor: Schalkes finanzielle Situation wird immer Risikotransfers zur Folge haben, ganz abgesehen von der Tatsache, dass es ohnehin keine Garantien gibt, wenn es um Menschen geht.

  • Spalki1904 sagt:

    Gute Analyse.
    Finde solche Titel wie „Don..“, „Goat…“, „Super-Star..“ eh übertrieben. Es ist dieses schwarz oder weiß Denken, Top oder Flop. Dazwischen gibt es oft nichts.
    Bütler war zwischenzeitlich auch der Spieler der nichts kann, jeden Ball verstolpert – zack er trifft mehrmals und ist der Superstar. Bleibt er bei uns und trifft die ersten Spiele nicht, dann hat er in der Sommerpause das Fußballspielen verlernt und man hätte ihn besser für viele Millionen verkaufen sollen. Ich kann jetzt schon solche Twitter-Kommentare lesen.
    Es zu einfach hier jemanden die alleinige Schuld zuzuschieben und andere Verantwortliche herauszunehmen. Das ist immer das Werk von vielen und so muss es auch gesehen werden.
    Es heißt ja auch: Wir gewinnen und verlieren gemeinsam. Und Spieler/ Trainertransfers sind auch eine Gemeinschaftsarbeit von vielen!

  • Alex sagt:

    Sehr korrekte Einordnung, Torsten. Jens super, Frey und uronen hat man zeitweise gebraucht, Rest hat keine Rolle gespielt. Und Rouven Schröder hat mit fast nicht vorhandenen Mitteln viel mehr richtig als falsch gemacht. Ich würde ihn immer noch gerne bei uns sehen.

    Es tut gut, die sachlichen und ruhigen Kommentare hier zu leben. Die meisten können das Geschehen eben doch ganz gut einordnen und sind bei weitem nicht so Hop oder top wie die Medien es uns erzählen wollen. Diese Sachlichkeit brauchen wir im Klub bei Entscheidungen.

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